Vorkommen in der Baar

Lage von Fürstenberg und der Baar im alemannischen Sprachraum

Lage von Fürstenberg und der Baar im alemannischen Sprachraum

Die Baar ist eine Landschaft im Südwesten Deutschlands um den Beginn der Donau, nordwestlich des Bodensees. Dort liegt nahe Donaueschingen der Fürstenberg, vom 13. Jahrhundert bis 1806 Namensgeber einer der vielen kleinen Herrschaften im Südwesten Deutschlands. Eine besondere Bedeutung für die Geschichtswissenschaften gewann diese Herrschaft seit 1877 durch die Zusammenstellung der vielen im Fürstenbergischen Archiv vorhandenen Urkunden und Quellen im "Fürstenbergischen Urkundenbuch".

In einigen dieser Quellen werden auch Menschen genannt, deren Familienname eine Variante von Guggenbühl ist. Meistens geht es um Vorgänge im Umkreis von 5 km um Fürstenberg, in den Orten Neudingen (damals "Nidingen"), Gutmadingen (damals "Gůtmatingen" oder "Gůttmatingen"), Pfohren (damals "Pforren") und Blumberg-Hondingen (damals "Haindingen"). Die nebenstehende Graphik zeigt die Lage der Baar im alemannischen Sprachraum und der genannten Orte innerhalb der Baar. Die kurze Entfernung zwischen diesen Orten legt es nahe, dass diese Urkunden dieselbe Familie Guggenbúhel betreffen, wenn auch in verschiedenen Generationen. Nach [Schell 2008], S. 127 gehörte diese Familie wohl zu den fürstenbrgischen Dienstmannen, und sechs Frauen der Familie gingen als Nonnen ins Kloster Neudingen. Sie hießen Adelheid, Anna, Elisabeth, Elli, Else und Elsi. Auf Elli und Elsi werden wir weiter unten noch treffen.

Eine weitere Urkunde von 1413 betrifft Schaffhausen, etwa dreißig Kilometer südlich von Fürstenberg. Ob auch die dort erwähnten Geschwister Hans und Verena Guggenbúhel zur selben Familie gehören, ist weniger klar. Aber sollte es in der damals doch nicht allzu großen Bevölkerung der Grafschaft Fürstenberg wirklich zwei Familien mit diesem Namen gegeben haben?

Interessant ist auch, dass sich offenbar spätestens 1365 ein Zweig der Familie in Tengen angesiedelt hatte. Damit könnte es eine Verbindung zu der in Üetikon am Zürichsee lebenden Familie Guggenbühl geben, denn die Herren von Tengen hatten auch in dieser Gegend Güter (vgl. [Lambrecht 1991]).

Offen ist, von welchem Berg sich der Name der Familie herleitete. Ein Kandidat dafür wäre der Guckenbühl bei Villingen-Schwenningen-Obereschach, auf dem sich heute der Funkturm "Villingen, Nordstetten" befindet. Ein Eintrag in [Ried 1938], S. 29 kann so gelesen werden, dass es entweder dort oder in Furtwangen bereits 1309 einen Hof gegeben habe; näheres ist aber noch offen. Nach [Schütz 2021], S. 118-120, soll es hier vor 1608 einen Hof gegeben haben, der nicht als Lehen vergeben worden, sondern frei war. Insbesondere gehörte dieser Hof nach [Reinartz 1986] nicht zum Johanniterorden, der in Obereschach viel Land und den Kirchensatz besaß.

In Frage kommen aber nicht nur Berge, die im damaligen Herrschaftsgebiet des Hauses Fürstenberg liegen und noch heute "Guggenbühel" oder ähnlich heißen. Gut möglich ist auch, dass sich für den Berg seit damals ein anderer Name durchgesetzt hat. So gibt es z. . im Ortsteil Mühlhausen von Villingen-Schwenningen die Straße "Am Guckenbühl", doch sie liegt am Fuß des 793 m hohen Türnleberges. Auch auf ihm gab es im Mittelalter eine Burg, von der aber kaum noch etwas zu sehen ist.

Im Urkundenbuch wird verschiedentlich auch ein "Guggenmúller"[1] oder "Gugkenmúllin"[2] erwähnt. Gemeint ist hier der Müller der Gauchenmüle an der Gauchach zwischen Bräunlingen-Waldhausen und Löffingen-Dittishausen.[3]

Auch im 19. Jahrhundert kam der Name in der Baar noch vor: am 25.03.1859 wird in Allmendshofen Maria Guggenbühl geboren, als Tochter von Josef Guggenbühl, fürstlich Fürstenbergischem Schloßdiener in Donaueschingen, und Katharina, geb. Weber. Maria starb am 12.06.1933 in Hüfingen (vgl. [Köbele 1962], S. 408, 467). Bisher ungeklärt ist aber, ob sie von der im 14. Jahrhundert erwähnten Familie abstammt.

Die folgende Tabelle listet die betreffenden Einträge aus dem Urkundenbuch auf. Leider lassen sie sich hier nicht immer buchstabengetreu wiedergeben, da dort z. B. zur Bezeichnung eines Pfundes oder zur Darstellung mancher dialektspezifischer Laute Zeichen verwendet werden, die für Webseiten nicht verfügbar sind. Ich werde deshalb im Folgenden jeweils auch Abbildungen des Textes im Urkundenbuch wiedergeben und im Fließtext ggf. das diakritische Zeichen " ´ " (einfacher Akut) verwenden.

18. April 1312

Hainrich Gungenbúhel bezeugt den Verkauf der "Wilden múli" an das Kloster "Nidingen".

"Nidingen" bezeichnet das Kloster Neudingen. Die Wildenmühle lag einst donauaufwärts von Neudingen in Richtung Pfohren.

[Fürstenbergisches Urkundenbuch, Bd. 2], S. 46

[Fürstenbergisches Urkundenbuch, Bd. 2], S. 46

24. Oktober 1343

Um den lebenslangen Unterhalt ("Leibgeding") von Hans Guggenbúhel, seinem Sohn Ülin und seinen Töchtern Ellinun und Elsinun sowie jährliche Gedenkgottesdienste nach ihrem Tod ("Jahrzeiten") zu finanzieren, verkauft das Kloster Güter in Haindingen (heute: Blumberg-Hondingen) für 100 Pfund Freiburger Pfennige ("Brisger") und jährliche Abgaben von Wein und Fischen im Wert von einem Malter Kernen.

"Ülin" ist eine Dialektform von "Ulrich". Wie der Eintrag von 1364 weiter unten belegt, ist er 1364 bereits tot. Die Endung "-nun" in den Namen der Töchter bedeutet, dass Elli und Elsi als Nonnen ins Kloster gingen. Nach den weiteren von Rüdiger Schell ausgewerteten Quellen war Hans Guggenbúhel wahrscheinlich "Conversus", also Laienbruder, der im Kloster Verwaltungs- oder wirtschaftliche Aufgaben hatte ([Schell 2008], S. 146).

Kernen sind nach [Schell 2008], S. 286, Anm. 13, enthülster, gegerbter Dinkel. Ein Malter entsprach etwa der Menge, die von einer Person gerade noch getragen werden konnte ([Frühneuhochdeutsches Wörterbuch]). Ein Pfund Pfennige entsprach nach dem karolingischen Münzsystem 240 Pfennigen.

[Fürstenbergisches Urkundenbuch, Bd. 5], S. 364

[Fürstenbergisches Urkundenbuch, Bd. 5], S. 364

12. März 1347

Ůlrich Guggenbúhel, ein Bürger zu Fürstenberg, kauft eine Hofstatt zu Gůtmatingen.

"Gůtmatingen" meint wahrscheinlich Gutmadingen, etwa 4 km donauabwärts von Neudingen. Ob es sich bei Ůlrich Guggenbúhel um den im Eintrag von 1343 erwähnten Sohn Ülin handelt, ist unklar. Gut möglich, dass er nach vier Jahren erwachsen oder des Klosterlebens überdrüssig geworden war und sich mit der Hofstatt in Gůtmatingen eine eigene Existenz aufbauen wollte.

[Fürstenbergisches Urkundenbuch, Bd. 2], S. 164

[Fürstenbergisches Urkundenbuch, Bd. 2], S. 164

13. Juli 1364

Ältester Güterrodel des Klosters Mariahof zu Neidingen:

Der Güterrodel listet auf, von welchen Gütern das Kloster Abgaben erhielt und wofür diese verwendet werden sollten. Danach wurden Abgaben von Gütern in Haindingen immer noch verwendet, um die im Eintrag vom 24. Oktober 1343 übernommenen Pflichten zu finanzieren: den Unterhalt für die Schwestern Elli und Elsi Guggenbúhel sowie jährliche Gedenkmessen für ihren Vater und ihren Bruder, die inzwischen verstorben waren. Anscheinend gab es in Haindingen aber auch ein weiteres Gut, das der Familie Gugenbúhel zugeordnet und von Eberli und Öti Etschwenn bebaut wurde. Nutznießer der dafür geleisteten Abgaben war die junge Grete Funk.

Schell erklärt und erweitert die Stelle ([Schell 2008], S. 146). Danach wurden die Jahrzeiten für Elli und Elsi Guggenbúhel finanziert durch 18 Pfennige aus den Abgaben, die Heini Reinhart für den Meierhof in Haindingen leistete. Er hatte ein Viertel der Abgaben des Meierhofes zu zahlen: jeweils fünf Scheffel Kernen und Hafer sowie 2 ½ Scheffel Pfennige. Der Unterhalt der beiden Schwestern sowie die Jahrestage für Vater und Bruder wurden finanziert durch die Abgaben von Henni Gigers Gut und von Rüdiger Etschwenn für Bechingers Gut. Giger zahlte 7 ½ Scheffel Kernen, Etschwenn zahlte ebenfalls 7 ½ Scheffel Kernen und zusätzlich 7 ½ Scheffel Hafer. Die Abgaben von Eberli und Öti Etschwenn für "Guckenbúhels Gut" zugunsten von Grete Funk beliefen sich auf 4 Scheffel Kernen und 4 Scheffel Hafer.

Haindingen ist der alte Name von Blumberg-Hondingen.

[Fürstenbergisches Urkundenbuch, Bd. 6], S. 60f

[Fürstenbergisches Urkundenbuch, Bd. 6], S. 60f

22. August 1365

Jaekli Guggenbúhel, genannt von Tengen, Bürger zu Fürstenberg, verkauft mit Einwilligung seiner Brüder Hainrich und Henni der Guggenbühel Land unweit "Pforren" an das Kloster "Nidingen".

"Pforren" ist ein alter Name für den heutigen Stadtteil Pfohren von Donaueschingen.

[Fürstenbergisches Urkundenbuch, Bd. 2], S. 265

[Fürstenbergisches Urkundenbuch, Bd. 2], S. 265

nach dem 6. Januar 1398

Zinsrodel des Klosters Amtenhausen, einer ehemaligen Benediktinerinnenabtei:

Von einem Gut in Gutmadingen gehen Abgaben an die "Guggenbúhlinen".

Das Kloster Amtenhausen lag einige Kilometer donauabwärts in einem Seitental.

[Fürstenbergisches Urkundenbuch, Bd. 6], S. 164

[Fürstenbergisches Urkundenbuch, Bd. 6], S. 164

27. Juni 1413

Hans Guggenbúhel von Schaufhusen und seine Schwester Verena werden von Graf Hainrich, Herr zu Fürstenberg, gegen Zahlung von jährlich 1 ½ Pfund Pfeffer aus der Leibeigenschaft entlassen. Sollte die Zahlung ausbleiben, lebt die Leibeigenschaft wieder auf.

"Schaufhusen" ist eine alte Bezeichnung für Schaffhausen am Oberrhein.

Dies ist die einzige Stelle im Fürstenbergischen Urkundenbuch, in der Mitglieder der Familie Guggenbúhel als Leibeigene auftauchen. Auch Freie konnten in Unfreiheit kommen, wenn sie oder ihre Eltern wirtschaftliche Probleme hatten oder sich in einer Gegend niederließen, wo die Bevölkerung leibeigen war. Wie Hans und Verena Guggenbúhel unfrei wurden, ist unklar. Im Abschnitt zu Schaffhausen wird versucht, die Hintergründe dieses Eintrags zu beleuchten.

[Fürstenbergisches Urkundenbuch, Bd. 3], S. 77

[Fürstenbergisches Urkundenbuch, Bd. 3], S. 77

  1. Z. B. in [Fürstenbergisches Urkundenbuch, Bd. 6], S. 46f.
  2. Z. B. in [Fürstenbergisches Urkundenbuch, Bd. 7], S. 227.
  3. Diese Wurzel wird im Registereintrag von "Gugkenmúlli" in [Fürstenbergisches Urkundenbuch, Bd. 7], S. 494 gegeben. Dies ist nun ein Flurname, bei dem "Gugken" von "Kuckuck" abgeleitet wurde.