Vorkommen in der Schweiz

Ansicht von Uetikon 1794. Kolorierter Kupferstich von Heinrich Brupbacher (Quelle: Wikimedia)
Die früheste bisher bekannte Erwähnung des Familiennamens Guggenbül in der Schweiz stammt von 1345. Vom Sankt-Matthias-Tag (24. Februar) dieses Jahres findet sich im Zürcher Studentenamts-Urbar, das im 16. Jahrhundert verfasst wurde, eine Urkunde zum Übergang von Rechten an der in Uetikon am Zürichsee nördlich des Rotholzes liegenden Mühle. Diese stoße an "Guggenbüls Hube". Eine Hube oder Hufe ist ein Landgut, das bei der Neubesiedlung einer Familie zugewiesen wurde.
Lag hier in Uetikon Guggenbüls Hube? Reine Spekulation! (Quelle: Ortsplan Uetikon 1998)
Wo "Guggenbüls Hube" in Uetikon lag, ist unklar. Wenn sie die übliche Größe einer fränkischen Königshufe von knapp 48 ha hatte, dann könnte sie ungefähr zwischen Kreuzsteinstraße im Westen gegen Zürich, der alten Landstraße im Süden gegen den See, im Osten vom Grenzbach gegen Männedorf bis zur Kreuzung von Kleindorfstraße und Talstraße und im Norden entlang der Talstraße bis zur Alten-Berg-Straße gelegen haben (siehe nebenstehende Abbildung). Noch heute gibt es in diesem Bereich den Flurnamen "Hueb". Allerdings gab es im Heiligen Römischen Reich, zu dem Uetikon damals noch gehörte, auch halbe Hufen ("Großhufen"), Viertelhufen ("Landhufen") und Achtelhufen ("Kleinhufen"). Die "Huob" wird auch in späteren Urkunden noch erwähnt, aber nicht mehr im Zusammenhang mit der Familie Guggenbül. In späteren Jahren wohnten einige Familienmitgliedern im Ortsteil Langenbaum direkt am See.
Unklar ist bisher auch, woher die Familie Guggenbül stammte, von welchem Berg sie ihren Namen erhielt und ob sie mit der in der Baar ansässigen Familie Guckenbühl verwandt war. Beziehungen zwischen Baar und Zürichsee gab es, da sowohl der Johanniterorden als auch die Herren von Tengen in beiden Gebieten Güter hatten [Lambrecht 1991], [Schoch 1974]. Andererseits hatten die Guggenbül aus Uetikon laut [Frick 1935], S. 235, den Beinamen "Cluser". Das könnte nach seiner Meinung darauf hindeuten, dass sie vor Uetikon in der "Kluse" lebten, damals eine Siedlung zwischen Hottingen und Hirslanden, an die heute noch der Zürcher Klusplatz erinnert.
Das bisher erste namentlich bekannte Familienmitglied der Guggenbül aus Uetikon ist Heini. Er bewirtschaftete einen Weinberg, der am 2. Januar 1385 verkauft wurde (StAZ, C II 12, Nr. 221). Zwar werden im Studentenamts-Urbar auf derselben und der vorangehenden Seite des oben genannten Eintrags auch ein Hanns und ein Jörg Guggenbül mit ihren Familien erwähnt; allerdings sind diese Einträge nicht datiert. Es ist daher unklar, ob sie ebenfalls bereits in das Jahr 1345 gehören, denn das Urbar ordnete alte Urkunden nicht chronologisch, sondern nur nach den Orten, auf die sich beziehen.
Ein wichtiges Jahr für die Guggenbül aus Uetikon war 1408, als sie sich zusammen mit einer Reihe anderer Familien aus der Leibeigenschaft des Klosters Einsiedeln und der Fraumünsterabtei Zürich freikaufen konnten. Und dies kam so:
Die Johanniterkommende von Wädenswil hatte zwischen 1287 und 1348 viele Gebiete an beiden Seeufern und auch in Uetikon gekauft, vieles davon von den Herren von Hünenberg. Damit übte sie auch die niedere Gerichtsbarkeit in Uetikon aus. Doch den meisten Grundbesitz und mit ihm das Leibeigentum an den Bewohnern besaßen das Klosters Einsiedeln und die Fraumünsterabtei. Sie ernannten auch den für diesen Besitz zuständigen Vogt, der das Kirchengut zu verwalten und das Gotteshaus in weltlichen Dingen zu vertreten hatte. Da die Rechte des Vogts und die Rechte der Johanniterkommende nicht klar abgegrenzt waren, kam es im Alltag immer wieder zur Rechtsunsicherheit. Noch schwieriger wurde es, weil für die Leibeigenen unterschiedliches Recht galt, je nachdem ob man noch dem Haus Hünenberg, der Johanniterkommende Wädenswil, dem Kloster Einsiedeln oder der Fraumünsterabtei hörig war.
Mit dem Vertrag von 1408 erkaufte sich die Johanniterkommende von Kloster und Abtei das Vogtrecht über den in ihrem Bereich liegenden Grundbesitz. Finanziert wurde dieser Kauf aber nicht von den Johannitern selbst, sondern von den 350 zur Vogtei oder zur Herrschaft Wädenswil gehörenden Leibeigenen. Diese wurden dafür aus der Leibeigenschaft entlassen, mussten aber weiterhin gewisse Frondienste leisten. Dadurch brachte die Johanniterkommende ihre ganzen Untertanen in eine einheitliche rechtliche Stellung.
Im Vertrag taucht der Name Guggenbül in der Liste der Freigelassenen an zwei Stellen auf. Zunächst werden Johann Guggenbül der Ältere, sein Weib und sein Kind, Johann Guggenbül der Jüngere und sein Weib, Elspeta Margareta Mechtlin (?) und Elsbeta die Gugenbülin genannt. Einige Dutzend Zeilen darunter dann wieder Elspeta Margareta Mechtlin (?) und Elsbeta die Gugenbülin, die hier als Schwestern bezeichnet werden, dann Rudolf Guggenbül, seine Frau, sein Kind und seine Mutter sowie die Brüder Heinrich und Hans Guggenbül.
Es ist gut möglich, dass die beiden im Vertrag genannten Gruppen von Guggenbül zwei unterschiedliche Wohnorte hatten. Denn auch die Steuerbücher von Stadt und Landschaft Zürich des XIV. und XV. Jahrhunderts listen für das frühe 15. Jahrhundert neben der Linie von Uetikon auch eine Reihe von Haushalten mit Namen Guggenbül im Norden und Nordwesten von Zürich auf:
Vorname (Nachname: Guggenbül) | Jahr | Vogtei | Ort | Gut | Leib | Band | Seite |
---|---|---|---|---|---|---|---|
Ulrich von Honrein | 1401 | Münsterhof | Wollishofen | 2 | 82 | ||
Hans | 1412 | Rennweg | Birmenstorf | 2 | 346 | ||
Hans & Wip | 1417 | Niederdorf | Unterstrass | 2 | 406 | ||
Eberli | 1444 | Münsterhof | Münsterhof | 2 | 592 | ||
Eberly | 1463 | Auf Dorff | Auf Dorff | 3 | 292 | ||
Eberly | 1467 | Auf Dorff | Auf Dorff | 4 | 3 | ||
Eberly & wib, Tochter, ir man | 1467 | Auf Dorff | Auf Dorff | X | X | 3 | 292 |
Birmenstorf, Wollishofen und Unterstrass waren damals Vororte von Zürich, die beiden letzteren wurden inzwischen zu Stadtteilen. Münsterhof und Auf Dorff waren und sind das Stadtzentrum von Zürich. "Honrein" ist der alte Name von Hohenrain im Kanton Luzern. Auch dort gab es eine Johanniter-Kommende. In welcher Beziehung diese Haushalte zu den Guggenbül in Uetikon stehen, ist noch offen.
Wie sich die Guggenbül von Uetikon aus weiter nach Meilen and Küsnacht, ja bis ins Elsass
verbreiteten, wie dabei aus den Uetiker Landwirten und Weinbauern in Meilen Schiffer und in
Küsnacht Müller, Metzger oder Wirte wurden, haben zuerst Gertrud Guggenbühl und in
letzter Zeit Doris Guggenbühl recherchiert. Gertrud hat
ihren Bericht im Selbstverlag
veröffentlicht. Doris besorgte in unzähligen Besuchen Kopien von Dokumenten aus dem
Zürcher Staatsarchiv und erstellte eine Übersicht der für Uetikon bekannten Familienmitglieder.
Sie kann unter der Mailadresse "" kontaktiert werden.
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Anmerkungen
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Die Urkunde C II 18, Nr. 608 im Staatsarchiv Zürich berichtet 1408, dass die Brüder Rudolf, Hans, Jacob und Herman die Bueleren von Baden den "Hof in Utikon, genannt die Huob" als Mannlehen besitzen. 1436 berichtet die Urkunde G I 187 (fol. 7 r-v), dass Hans Singer genannt Winzer und der Müller Henssli Singer von Uetikon den Singerhof in Uetikon in der Huob als Erblehen verliehen erhalten haben.
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Ich stelle mir vor: Die Guggenbülschen Wohngebäude wurden abgerissen, damit man 1634 das Haus Langenbaum bauen konnte. Max Frisch und Ingeborg Bachmann hatten darin von 1959 bis 1963 eine Zweitwohnung.
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Im Staatsarchiv Zürich findet sich neben dem eigentlichen Vertrag C I, Nr. 2821 auch die besser lesbare Abschrift C I, Nr. 2843.
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Diese Tabelle wurde von Doris Guggenbühl zusammengestellt, der ich an dieser Stelle herzlich danke.