Die Namen Guckenbiehl, Guggenbühl u.ä. in Schaffhausen
![[Fürstenbergisches Urkundenbuch, Bd. 3], S. 77](Resources/Genealogie/FUB-3.S-077.png)
Im Abschnitt zur Region Baar werden an Hand verschiedener Dokumente aus dem "Fürstenbergischen Urkundenbuch" einige Ereignisse aus verschiedenen Generationen einer Familie Guggenbúhel zwischen 1312 und 1414. Eines dieser Dokumente schildert, dass am 27. Juni 1413 Hans Guggenbúhel von Schaufhusen und seine Schwester Verena von Graf Hainrich, Herr zu Fürstenberg, gegen Zahlung von jährlich 1 ½ Pfund Pfeffer aus der Leibeigenschaft entlassen werden. "Schaufhusen" ist eine alte Bezeichnung für Schaffhausen am Oberrhein, das etwa 30 km entfernt von Neudingen und etwa 18 km entfernt von Tengen liegt. Da es in der damals doch recht kleinen Bevölkerung von Fürstenberg wohl kaum zwei Familien mit dem Namen Guggenbühl gab, kann man davon ausgehen, dass die Schaffhauser Familie mit jener verwandt war, auf die sich die im Abschnitt zur Region Baar besprochenen Dokumente beziehen.
Nachdem in den anderen Dokumenten die Familienmitglieder als nicht unvermögende Bürger dargestellt wurden, wundert man sich, wie zwei Mitglieder in Leibeigenschaft geraten konnten. Auch Freie konnten in Unfreiheit kommen, wenn sie oder ihre Eltern wirtschaftliche Probleme hatten oder sich in einer Gegend niederließen, wo die Bevölkerung leibeigen war.
Einige Dokumente aus dem Stadtarchiv Schaffhausen und dem Staatsarchiv des Kantons Schaffhausen geben zwar keine endgültige Erklärung, wie Hans und Verena Guggenbúhel unfrei wurden, sie begründen aber einige Vermutungen. Danach erkaufte sich eine Familie Guggenbúhel 1392 für 130 Pfund Pfennige das Bürgerrecht von Schaffhausen. Ein Vorname wird nicht genannt, aber in den Steuerakten von 1401 heißt es dann "Wälti Guggenbühel". Aus den Folgejahren gibt es wieder Einträge ohne Vornamen. So findet sich im Staatsarchiv eine Akte, nach der die Familie einen Acker im benachbarten Ort Buchthalen hat. 1427 taucht zum ersten Mal der Name Hensli auf, der ab 1432 zu "Hans" wird. Ein Hans Guggenbúhel wird dann zwischen 1441 und 1445 für Dienste als Torbeschließer entlohnt. Der jüngste Eintrag im Suchergebnis ist dann von 1480. "Hanns Guggenbühel X ß, staut by siner Rech‘".
Um den für die Bürgerschaft gezahlten Kaufpreis zu bewerten, können wir ihn mit dem Tagelohn eines Handwerksmeisters vergleichen. Laut Wikipedia verdiente z. B. ein Zimmermann in Frankfurt um 1425 pro Sommertag ca. 45 Heller, was ca. 22 Pfennigen entsprach. Ein Pfund hatte laut dem dem karolingischen Münzsystem 240 Pfennige, wobei es in der täglichen Praxis durch die Zählweise nach Gewicht und dem unterschiedlichen Gewicht der an verschiedenen Orten geprägten Pfennige zu Unterschieden kam. Gehen wir aber von 240 Pfennigen aus, dann entsprachen die 130 Pfund für das Bürgerrecht über 1400 Tageslöhnen des Handwerkermeisters, bei einer 6-Tage-Woche hätte er dafür vier einhalb Jahre arbeiten müssen. Dass die Familie Guggenbúhel diesen Preis aufbringen konnte, macht eine Leibeigenschaft wegen finanzieller Probleme unwahrscheinlich.
Darauf deutet auch hin, dass als Gegenleistung der Freilassung jährlich 1,5 Pfund Pfeffer geliefert werden mussten. Das exotische Gewürz Pfeffer war damals ein Luxusgut, reiche Kaufleute wurden auch despektierlich als "Pfeffersäcke" bezeichnet. Laut Wikipedia kostete ein Pfund Pfeffer rund 24 Schilling, also 288 Pfennige. Um den jährlichen Preis für die Freilassung zu bezahlen, hätte ein Zimmermann also fast 10 Tage arbeiten müssen.
Plausibler, wenn auch romantischer, erscheint folgende Erklärung: Hans und Verena waren die Kinder von Wälti Guggenbühel. Wälti selbst war recht wohlhabend und frei, doch seine Frau und damit seine Kinder waren Leibeigene der Fürstenberger. Um mit seiner Frau in Freiheit zu leben, war Wälti mit ihr nach Schaffhausen geflohen und hatte sich 1392 das Bürgerrecht gekauft. Aber der Rechtsgrundsatz "Stadtluft macht frei", dass entlaufene Leibeigene nach Jahr und Tag nicht mehr von ihrem Dienstherrn zurückgefordert werden konnten, galt seit 1232 nicht mehr, nachdem ihn König Heinrich VII mit dem "Statutum in favorem principum" aufgehoben hatte. Damit zumindest seine Kinder Hans und Verena ohne Angst groß werden und auch ins nahe Fürstenbergische Herrschaftsgebiet reisen konnten, kaufte sie Wälti 1413 frei. Nochmal: diese Geschichte ist reine Spekulation, doch sie passt zu den genannten Akten.
Als Wälti spätestens 1427 stirbt, wird Hans steuerlich zum Familienoberhaupt, aufgrund seiner Jugend aber zunächst noch als "Hennsli", also "Hänschen" bezeichnet. Später übernimmt Hans zeitweise die Aufgabe eines Torschließers. Er stirbt gegen 1480 ohne Söhne. Auch diese Fortsetzung der Geschichte ist Spekulation, doch auch sie passt zu den bisher bekannten Fakten.
Aus den Jahren 1860 und 1861 gibt es dann drei Akten, die sich auf den Kauf- und Verkauf eines Grundstücks und den Antrag zum Bau oder Umbau eines Wasserrads durch einen Caspar Guggenbühl beziehen. Da der Name aber zwischen dem 15. und dem 19. Jahrhundert in den Akten nicht auftaucht, ist es wenig wahrscheinlich, daß es sich um einen direkten Nachkommen von Wälti handelt und die Familie während der gesamten fast 500 Jahre in der Stadt ansässig war.
Anmerkungen
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↑ Zwar gibt es heute in Thayngen bei Schaffhausen einen (recht niedrigen) Hügel namens Guggenbüel und einen nach ihm benannten Guggenbüelweg. Da aber die Herren von Fürstenberg anscheinend keinen Besitz und damit keine Leibeigenen in Thayngen hatten, stammten Hans und Verena wohl nicht von dort.
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↑ Diese Dokumente wurden gefunden, in dem nach "Guggenb", "Guckenb" and "Gukenb" gesucht, also die vielgestaltige zweite Silbe vernachlässigt wurde.